Mittwoch, 1. September 2010

Fotografieren verboten

Das Fotografieren ist in der Unterführung nahe der Tretjakow-Galerie strengstens untersagt. Löschen muss man seine Bilder deswegen noch lange nicht.

Dieses Bild ist in einer Unterführung entstanden. Unterführungen sind einer hervorragende und in Russland äußerst häufige Alternative zu Zebrastreifen und Fußgängerampeln. Meistens gehen Unterführungen einfach unter einer vielspurigen Straße oder mittelgroßen Kreuzung hindurch. Oben orientiert man sich kurz ("ich will nach schräg rechts"), dann steigt man ab. Zwei bis vier Aufgänge, kein Thema. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es ab etwa sechs Aufgängen schwieriger wird.

Das Gros der Unterführungen ist schlicht. Gekachelte Wände, alter Asphaltboden, mäßig sauber. Oft riecht es nach Unterführung. "Unterführung" als Geruch ist eine Mischung aus der Luft außerhalb der Unterführung plus Feuchte plus Zigaretten plus irgendwann einmal runtergefallene Getränke. Mitunter spielt jemand auf einem Instrument, mitunter verkauft jemand Frisches von der Datscha, mitunter bettelt jemand. Gerade an Metrostationen und größeren Unterführungen gibt es Dinge zu kaufen: Essen zum Mitnehmen, Kosmetik, Strumpfhosen, Zigaretten, Bier, Zeitungen, Schmuck, Kleidung, Arznei. Lauter kleine Lädchen. In diesem Fall enthält der Unterführungsduft gern eine deutliche Piroggen-Komponente. Dann heißt es: Der Nase nach und 20 bis 30 Rubel investieren!

Oft gibt es in Unterführungen Läden, in denen man die unterschiedlichsten Dinge kaufen kann. Hier: U-Bahn-Station Lenin-Bibliothek, Ausgang zum Alexandergarten.

Zurück zum ersten Bild. Letzte Woche ging ich von der Tretjakow-Galerie durch die Unterführung in Richtung Gorkipark, weil ich dort von Ferne, jenseits der breiten Straße, einen Eis-Stand gesichtet hatte. In der Unterführung war ich überrascht: Zwar gibt es in den Touristengegenden kaum ernsthaft verratzte Unterführungen. Aber diese hier war wunderschön! Angenehmes Licht, ganz ruhig war es, und es hat auch nicht nach Unterführung gerochen. An Stellwänden quer zur Marschrichtung hingen Ölgemälde, alles wirkte ganz kultiviert. Weil ich den ganzen Tag schon in Fotolaune war, beschloss ich, auch dies festzuhalten. Angefangen habe ich mit Beweisfotos "Ich-in-dieser-tollen-Unterführung". Anschließend wollte ich dazu übergehen, vielleicht ein paar tolle Perspektiven zu finden. "Stillleben mit Absperrungskette" oder so. Doch dazu kam es nicht. Zwei Damen um die 40, die an einem kleinen Tisch in der Mitte des Ganges saßen, guckten erst böse und kamen dann auf mich zu, um mich auf ein Fotografierverbot aufmerksam zu machen, das in dieser Unterführung gelte. Zum Beweis zeigten sie auf DIN A5-Papierzettel, die an den einzelnen Säulen in der Unterführungsmitte angebracht waren. Darauf war allerdings nicht etwa ein durchgestrichener Fotoapparat zu sehen. Der Hinweis war rein sprachlich gehalten, auf Russisch. Ich war irritiert, war ich hier doch in einer beliebten Touristenecke - und vor allem in einer Unterführung.

"Aber das ist ja auf Russisch", sagte ich also zu den Damen. "Fotografieren ist verboten", antworteten sie.
"Ich habe das Schild nicht gesehen. Es tut mir Leid."
"Hier darf nicht fotografiert werden."
"Ich verstehe." (Ich fotografierte schon nicht mehr, seit die mich angesprochen hatten.) "Aber das Schild ist ja auf Russisch. Das bringt doch nichts."
"Fotografieren ist verboten."
"Ja. Aber das Schild verstehen doch die meisten Touristen gar nicht. Das bringt doch gar nichts. Die fotografieren dann doch alle."
Das war ihnen zu viel der Diskussion. Ein letztes, unmissverständliches "Fräulein, Fotografieren ist hier verboten", und sie gingen zurück zu ihrem Tischchen. Ich bin sicher, dass es nicht an meinem Russisch lag, dass sie mich nicht verstanden haben. Meine Diskutiererei muss ihnen einfach total überflüssig vorgekommen sein: Fotografieren ist hier verboten. Das ist eine Tatsache. Was hat das damit zu tun, dass die Schilder auf Russisch sind?

Auswaerts

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Wow, schön!
Schöne Bilder. Und klingt nach einer tollen Zeit!
Lady73 - 15. Okt, 22:17

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Passend zur neuen Maske trage ich hier die Haare offen. Aber nur kurz, denn eigentlich ist es viel zu heisz dafuer.

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