Samstag, 23. Oktober 2010

Russische Flughunde

In Moskau häufiger als anderswo kann man Damen beobachten, die ein Miniaturexemplar des Canis Lupus Familiaris auf dem Arm tragen, Modell „Knopfaugen mit Nase“. In herbstlicher Witterung zittert das Hündchen trotz stylischem, farblich auf Muttis Garderobe abgestimmtem Mäntelchen an der Bushaltestelle auf dem Weg zum Sektchenschlürfen bei Freundinnen vor sich hin.
Ortswechsel: Auf einer Großveranstaltung tritt ein Schäferhund mit eingeklemmtem Schwanz unruhig auf der Stelle, während feierliche Kanonenschüsse die Luft erzittern lassen. „Hab keine Angst“, schnauzt Herrchen ihn an, versetzt seinem vierbeinigen Freund einen milden Fußtritt und widmet sich wieder dem Spektakel. Der Hund lässt sich zitternd neben Herrchens und Frauchens Rucksack nieder, aus dem eine Wodkaflasche guckt.
Zumindest damit soll jetzt Schluss sein, denn das offizielle Moskau hat den Tierschutz entdeckt: Genauso wie die Kombination „Alkoholtrinken und Autofahren“ neuerdings verboten ist, geht nun auch qua Verordnung „Rausch und Gassigehen“ nicht mehr. Betrunkene haben Leinenverbot. Das war’s mit einer letzten Runde um den Block kurz vor Mitternacht, nach dem Genuss des einen oder anderen Liters günstigen „Schiguljowskoje“. Die menschliche Blase fasst bis zu anderthalb Liter Flüssigkeit – da wird auch der Hund mal eine Nacht überstehen. Zumal er ja keinen harntreibenden Alkohol trinkt.
Und pinkelt Fiffi doch in die Etagenwohnung, so hat ein Moskauer im September vorgemacht, wie die Konsequenz aussehen kann: Der Betrunkene hatte, dies wusste die „Metro“-Zeitung zu berichten, seinen Vierbeiner kurzerhand aus dem Fenster geworfen. Ob der für den Hund tödlichen Aktion wirklich ein unerlaubtes Wasserlassen vorausgegangen war oder ob ein anderer Konflikt zu Grunde lag, ist nicht bekannt.
Sollten weitere wodkaselige Moskauer diesem Beispiel folgen, bekommt übrigens die dem Englischen entlehnte Redewendung „es regnet Katzen und Hunde“ eine ganz neue – für Passanten nicht ungefährliche – Dimension. Nicht auf das Wetter werden in der Hauptstadt weilende Deutsche und Engländer sich mit diesen Worten beziehen, sondern auf den Alkoholpegel der Einheimischen und damit vielleicht auf die Tageszeit oder den Wochentag.
Jene Zeitgenossen, die jedem noch so absurden Szenario etwas Positives abgewinnen können, werden die Gefahr für Leib und Leben unbescholtener Bürger für zweitrangig erachten und sagen: Bedenkt, dass auch die meisten Streuner in Privatwohnungen geboren werden! Wenn nun die Moskauer ihre unkastrierten Hunde und Katzen aus den höheren Stockwerken werfen, so reduziert dies unser Problem mit Straßentieren!

Wie sinnvoll das Alkoholverbot an der Leine ist, bleibt trotzdem fraglich. Besser als den Flughunden geht es dem Magerchen im Glitzermantel und dem gescholtenen Familienhund schließlich allemal.

Auswaerts

Kaliningrad - Moskau - Straszburg?

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Oh je! Aber immerhin...
Oh je! Aber immerhin bist du angekommen. Das ist mehr,...
Lady73 - 15. Okt, 22:20
Wow, schön!
Schöne Bilder. Und klingt nach einer tollen Zeit!
Lady73 - 15. Okt, 22:17

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