Samstag, 14. August 2010

Treten Sie ein!

Eintrittspreise fuer Museen und dergleichen sind in Russland fuer Auslaender deutlich hoeher als fuer Inlaender. Beispiel Katharinenpalast: Erwachsene Russen 280 Rubel, Studenten 130, erwachsene Auslaender 550 Rubel, Studenten 230. (39 Rubel sind ein Euro.) Am besten ist es, eineN RussIn zur Hand zu haben, der oder die einfach ein Inlandsticket mehr kauft. Ist das nicht der Fall, komme ich mit meinem abgelaufenen Staatsbibliotheksausweis aus Muenchen meist ganz gut als deutsche Studentin durch: Der Strichcode auf der Vorderseite beeindruckt die Menschen an der Kasse. Deutschland, technisiertes Land der Ordnung.

Eine schöne Brücke im Palastpark. Leider gesperrt.

Im weitlaeufigen Park des Katharinenpalasts stehen um einen groszen Teich und an Fluesschen verschiedene huebsche Gebaeude, deren Eintritt teilweise kostenpflichtig ist. In eines, eine Banja, wollte ich unbedingt rein. Goldene Kuppel und so. Eine Rauskommende versicherte mir, es sei sehr schoen da drin. Preis fuer russische Studenten: 50 Rubel, fuer auslaendische: 100. Ich bitte an der Kasse um eine Studentenkarte.
Ticketfrau: "Studieren Sie an einer Universitaet der Russischen Foederation?" Ich verneine. "Dann macht das 100 Rubel." Weil die Frau, deren Gesicht ich durch das spiegelnde Fenster kaum sehe, mir sympathisch ist, beschliesze ich, mit ihr zu schnacken. "Ich wuerde auch fuer 50 reingehen", erklaere ich ihr deshalb forsch. "Hm", macht sie und sagt, "das geht aber nur fuer Studenten an Hochschulen in der Russischen Foederation." Freundlich stelle ich meine Situation dar: Dass ich das mit dem Sondereintritt verstehe, dass ich aber doch eine arme Studentin sei. "Wo studieren Sie denn?", will die Frau wissen. "In Muenchen, da ist auch alles furchtbar teuer", bin ich schon ganz verzweifelt. Die Ticketfrau seufzt, macht eine bedeutungsschwangere Pause. Sagt: "Wollen Sie umsonst rein?" "Ja, bitte!"

Der Himmel der Banja im Katharinenpark

Zwar hat die Frau, die ansachlieszend fuers Abreiszen der Tickets zustaendig ist, mich etwas schief angeguckt. Aber ich war umsonst in der wunderschoenen Banja. Die 100 Rubel waere sie locker Wert gewesen.

Die Decke in der Banja im Katharinenparkt

Gewissensbisse: Ich habe nur "danke" gesagt, weil ich so ueberrascht war. Ich wollte blosz schnacken, vielleicht den Russenrabatt ergattern. Jetzt plagt es mich: Ich haette mich doller bedanken sollen, oder wenigstens hinterher nochmal zu ihr hingehen und sagen, wie schoen die Banja war...
Kaggi-Karr - 14. Aug, 13:12

Da sieht man's wieder: "Nein" bedeutet nicht immer prinzipiell "nein" in Russland. Es kann alles diskutiert werden! ;-)

auswaerts - 16. Aug, 19:15

so ist es

Da habe ich heute, an meinem letzten Petersburg-Tag, einen etwas untouristischeren Tourispaziergang gemacht. Ein paar verstecktere Sachen gesucht, teils gefunden und angeguckt. Eines davon war ein Palast, den Katharina die Grosze zwischen dem Winterpalast und den Palaesten suedlich der Stadt (Peterhof, Katharinenpalast) hat errichten lassen. Grund: Der Weg war so weit, man brauchte einen Zwischenstopp.

Der Palast ist heute total runtergekommen, ueberall blaettert die Farbe ab. Ich habe fotografiert und dann ein Schild entdeckt, dass er heute zur Technischen Universitaet gehoert. Also muss man doch reingehen koennen!

Die grosze Holztuer laesst sich oeffnen, und ich trete ein. Hinter Glas sitzt, wie ueberall, eine Rezeptions- und Aufpassdame, eine Deschurnaja. Neben ihrem Glaskasten zwei Drehkreuze. Man braucht also einen Ausweis, einen Propusk, um richtig reinzukommen. Ich wende mich an die Deschurnaja: "Angucken darf man das hier nicht, oder?" "Nein." "Och, das ist aber schade", entgegne ich, "geht das wirklich nicht?" "Nein." "Hm", mache ich und ueberlege, wie ich jetzt hier weiterkomme. "Das war doch frueher ein Palast, oder?", frage ich sie also. "Ja, das stimmt." Sie guckt freundlich. "Und jetzt ist es Uni?" "Ja", sagt sie und beginnt zu erzaehlen: Das war ein Palast fuer Reisezwischenstopps, es gibt oben ein ganz besonderes Gemaelde, Rasputin ist da festgenommen worden (habe ich das richtig verstanden?), das war dann auch mal ein Orden, der durch einen unterirdizschen Gang mit der 200 Meter entfernten katholischen Kirche verbunden war. Ich bedanke mich freundlich fuer die Informatinen und will gehen, doch die Deschurnaja erzaehlt weiter: Das Gebauede war auch einmal ein Lazarett. Sie erzahlt von verletzten Soldaten. Ich weisz nicht recht, wie ich mich verhalten soll, hoere deshalb einfach zu. Und jetzt ist das Gebaeude in Staatsbesitz, eine Uni, sagt die Deschurnaja.

"Das muss sehr schoen sein innen drin", suche ich nach einer halbwegs sinnvollen Antwort. "Ja", meint sie, "aber es wird zu wenig gemacht." Sie weist auf die auszen abblaeternde Farbe hin und sagt, auch drinnen verfalle so viel, weil fuer so etwas kein Geld da sei. Dabei seien die Treppen noch original, und so vieles sei noch aus alter Zeit da. "Das muss so interessant sein", sage ich und bedanke mich zum dritten oder vierten Mal fuer das interessante Gespraech. Es entsteht eine kurze Pause. "Kommen Sie", meint die Deschurnaja dann und bedeutet mir, an den Drehkreuzen vorbeizugehen. "Kommen Sie bis hierher." Sie steht etwas um die Ecke. "Wir haben da eine Kamera, da will ich nciht mit drauf." Ich gehe durch und bekomme eine Exklusivfuehrung innen drin. Uralte, abgenutzte Steintreppen, ein fabelhaft bunter Turm, wunderschoene Gelaender. Krasse Uni!

Dieses Mal habe ich daran gedacht, mich ueberschwaenglich zu bedanken und der Frau alles Gute zu wuenschen.
Kaggi-Karr - 18. Aug, 20:38

Banja

Wunderschöne Bilder, ist das wirklich die Banja??? Sieht aus wie ein türkisches Bad.

auswaerts - 18. Aug, 20:46

Ja, total, ne? Ich habs nicht nachgelesen, was das genau ist. Um mich rum - und von meiner Mitpraktikantin, die ein schlaues Buch dabeihatte - hieß es immer "Banja". Es war wunderschön. Es gab doch auch Kriege zwischen Russland und der Türkei. Vielleicht gab es auch friedliche Beziehungen? So mit Tee, Ölmassagen und Birkenzweigen im orientalischen Bad?

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