Kaliningrad oder: Die doppelte Stadt
In der allerersten Futurama-Folge tauchen im New York des Jahres 2999 Hauptdarsteller Fry und Roboter Bender auf der Flucht vor Lila, die Fry einen Chip verpassen will, durch einen Kanaldeckel ab. Sie finden sich zwischen den Ruinen des alten New York wieder, und Fry, der gerade tausend Jahre lang eingefroren war, wird ganz melancholisch ums Herz.
Nicht, dass das jetzt eins-zu-eins umsetzbar wäre. Aber ein bisschen ist Kaliningrad wie Matt Groenings New York. Eine Stadt mit einer anderen Stadt drunter irgendwie. Die Ruinen sind in Kaliningrad nicht in der Kanalisation, sondern im Fall des Königsberger Schlosses (1967 gesprengt) zum Beispiel hinter Bretterzäunen und dichten Büschen. Oder, wie beim Schloss Friedrichstein außerhalb der Stadt, einfach mehr oder weniger weg, verschwunden im Wohnungsbau.
Die Domruinen dagegen sind keine Ruinen mehr: Das Riesending stand auf einer Insel und wurde dort in den … na ja, wann? Nach 1990 wieder aufgebaut. Ein Superlativ: Im Kaliningrader Dom kann man Konzerten an der größten Orgel Europas lauschen. Das habe ich natuerlich gemacht, und es ist... naja, ein Orgelkonzert. Bin da nicht so die Fachfrau. Beeindruckt war ich ganz am Ende des Konzerts, als die Engelchen, mit denen die Orgel reich verziert ist, zu jubilieren und sich im Kreis zu drehen anfingen. Zu mitreiszender, lauter, alles durchdringender Orgelmusik...
Intellektuell: Außen am Dom ist das Grab von Kant.
Eine richtige Kirche ist der Dom allerdings nicht mehr; fürs Religiöse gibt es nur einen kleinen Andachtsraum. (Oder zwei? Einen für Orthodoxe und einen für Unorthodoxe?) Aber all das ist eigentlich nicht Kaliningrad.
Was Kaliningrad ist
Was Kaliningrad ist, oder wie es ist, das weisz ich nicht. Dafuer war ich viel zu kurz da. Kaliningrad ist toll, aber nicht auf den ersten Blick. Kaliningrad ist eine russische Stadt: Runtergekommene Plattenbauten, kaputte Straßen und Wege, laute Autos, und Mädels, die in Kleidergröße (und –menge) Null auf High Heels über eben diese Straßen stolzieren, ohne sich dabei wehzutun. Tussis, denke ich mir da. Lauter kleine Kioskbuden, deren Rundum-Fenster vollgestopft sind mit Zigaretten, Zeitschriften, Telefonkarten. Breite Straszen, auf denen man es Ulrich Wickert am Place de la Concorde gleichtun kann. Es funktioniert! Und vor allem Leute, die immer erst so furchtbar unfreundlich und unnahbar wirken, und es dann aber überhaupt nicht sind. Auch die Supertussis sind, anders, als ich es mit befremdeten Westaugen immer noch annehme, nicht zwangsläufig arrogant. Sie sind einfach Supertussis.
Ansonsten ist die Stadt ganz schön grün, es gibt viele Teiche, Wasser ist da echt keine Mangelware, Parks, aber auch Blumenmeere vor den Plattenbauten. Sowjet-Baustil dominiert ganz klar, auch Lenin steht noch auf dem Sockel. (Allerdings musste er umziehen: Am Siegesplatz steht jetzt da, wo er früher stand, eine riesiege orthodoxe Kirche.) Kneipen wie in Deutschland gibt es natürlich auch in Kaliningrad nicht – Ausgehen ist immer mit Tanz oder Essen verbunden -, aber weggehen kann man trotzdem gut.
Wenn man in Kaliningrad ist, schwirrt auch immer das Wort "Ostpreuszen" herum. Einige Leute scheinen das sehr zu romantisieren, Ostpreuszen und das alte Koenigsberg - nicht ohne Grund.
Die Landschaft ist umwerfend. Sanfte Huegel, Kueste, Alleen, weite wilde Flaechen voller Graeser und Pflanzen. Schon toll. Die weiten ungenutzten Flaechen sind zu preuszischer Zeit landwirtschaftlich genutzt worden, die Ecke galt als Kornkammer. Damals gab's ein ausgekluegeltes Bewaesserungssystem, das aber jetzt nicht mehr intakt ist. Jetzt verwildert das wohl. Aber die Landschaft, und vor allem natuerlich die Kueste - ein Traum. Hinfahren!
Nicht, dass das jetzt eins-zu-eins umsetzbar wäre. Aber ein bisschen ist Kaliningrad wie Matt Groenings New York. Eine Stadt mit einer anderen Stadt drunter irgendwie. Die Ruinen sind in Kaliningrad nicht in der Kanalisation, sondern im Fall des Königsberger Schlosses (1967 gesprengt) zum Beispiel hinter Bretterzäunen und dichten Büschen. Oder, wie beim Schloss Friedrichstein außerhalb der Stadt, einfach mehr oder weniger weg, verschwunden im Wohnungsbau.
Die Domruinen dagegen sind keine Ruinen mehr: Das Riesending stand auf einer Insel und wurde dort in den … na ja, wann? Nach 1990 wieder aufgebaut. Ein Superlativ: Im Kaliningrader Dom kann man Konzerten an der größten Orgel Europas lauschen. Das habe ich natuerlich gemacht, und es ist... naja, ein Orgelkonzert. Bin da nicht so die Fachfrau. Beeindruckt war ich ganz am Ende des Konzerts, als die Engelchen, mit denen die Orgel reich verziert ist, zu jubilieren und sich im Kreis zu drehen anfingen. Zu mitreiszender, lauter, alles durchdringender Orgelmusik...
Intellektuell: Außen am Dom ist das Grab von Kant.
Eine richtige Kirche ist der Dom allerdings nicht mehr; fürs Religiöse gibt es nur einen kleinen Andachtsraum. (Oder zwei? Einen für Orthodoxe und einen für Unorthodoxe?) Aber all das ist eigentlich nicht Kaliningrad.
Was Kaliningrad ist
Was Kaliningrad ist, oder wie es ist, das weisz ich nicht. Dafuer war ich viel zu kurz da. Kaliningrad ist toll, aber nicht auf den ersten Blick. Kaliningrad ist eine russische Stadt: Runtergekommene Plattenbauten, kaputte Straßen und Wege, laute Autos, und Mädels, die in Kleidergröße (und –menge) Null auf High Heels über eben diese Straßen stolzieren, ohne sich dabei wehzutun. Tussis, denke ich mir da. Lauter kleine Kioskbuden, deren Rundum-Fenster vollgestopft sind mit Zigaretten, Zeitschriften, Telefonkarten. Breite Straszen, auf denen man es Ulrich Wickert am Place de la Concorde gleichtun kann. Es funktioniert! Und vor allem Leute, die immer erst so furchtbar unfreundlich und unnahbar wirken, und es dann aber überhaupt nicht sind. Auch die Supertussis sind, anders, als ich es mit befremdeten Westaugen immer noch annehme, nicht zwangsläufig arrogant. Sie sind einfach Supertussis.
Ansonsten ist die Stadt ganz schön grün, es gibt viele Teiche, Wasser ist da echt keine Mangelware, Parks, aber auch Blumenmeere vor den Plattenbauten. Sowjet-Baustil dominiert ganz klar, auch Lenin steht noch auf dem Sockel. (Allerdings musste er umziehen: Am Siegesplatz steht jetzt da, wo er früher stand, eine riesiege orthodoxe Kirche.) Kneipen wie in Deutschland gibt es natürlich auch in Kaliningrad nicht – Ausgehen ist immer mit Tanz oder Essen verbunden -, aber weggehen kann man trotzdem gut.
Wenn man in Kaliningrad ist, schwirrt auch immer das Wort "Ostpreuszen" herum. Einige Leute scheinen das sehr zu romantisieren, Ostpreuszen und das alte Koenigsberg - nicht ohne Grund.
Die Landschaft ist umwerfend. Sanfte Huegel, Kueste, Alleen, weite wilde Flaechen voller Graeser und Pflanzen. Schon toll. Die weiten ungenutzten Flaechen sind zu preuszischer Zeit landwirtschaftlich genutzt worden, die Ecke galt als Kornkammer. Damals gab's ein ausgekluegeltes Bewaesserungssystem, das aber jetzt nicht mehr intakt ist. Jetzt verwildert das wohl. Aber die Landschaft, und vor allem natuerlich die Kueste - ein Traum. Hinfahren!
auswaerts - 7. Aug, 14:23
Steffiluna - 8. Aug, 19:05
Jojo, sehr schöne Bilder und eine interessante Beschreibung der Stadt! Gerne mal gemeinsam hinfahren, aber das hatten wir ja eh vor...;-)
auswaerts - 9. Aug, 14:13
ab dafuer im naechsten sommer!!
Lady73 - 8. Aug, 21:22